Ich unterrichte jetzt seit einer Woche in der Ipembe Primary School die 5b in Englisch.
Ich muss sagen, die zuerst war ich doch ein wenig erschrocken über das Englischlevel meiner Schüler. Mir war schon aus Berichten, etc klar, dass ich mich an ein anderes Schulsystem mit anderen Methoden gewöhnen muss, aber natürlich ist man dann doch nicht darauf vorbereitet, wie es im Endeffekt ist.
Meine 35 Schüler sind sehr gut in zwei Dingen: 1) Alles querbeet abzuschreiben, was an der Tafel steht, zur Not auch ohne es zu verstehen und 2) auf die Frage 'Do you understand? / Mnafahamu?' konsequent im Chor 'Yes, teacher Camiila' zu antworten, obwohl eindeutig ist, dass niemand weiß wovon ich spreche.
Naja, aber eigentlich muss ich sagen, dass ich mich recht schnell an ihre Art des Unterrichts, bzw. ihre Art zu lernen angepasst habe. Ich denke, dass es keinen Sinn hat, sofort alle möglichen westlichen Ideen wie Gruppenarbeit, Sitzkreise und selbstständige Aufgaben, um seine fehlende mündliche Mitarbeit zu verbessern, einzuführen. Das würde sowohl die Kinder als auch mich überfordern. Also habe ich ganz simpel angefangen, denke mir die leichtesten Aufgaben zum Thema aus und vereinfache diese noch ein bisschen, gebe ihnen jeden Tag ein paar Vokabeln, die in den Aufgaben vorkommen, zum Lernen auf und wenn sie gut und schnell mitgearbeitet haben, singen wir ein Lied zum Abschied. Sie können schon 'If you're happy and you know it' und 'Old MacDonald has a farm'. Ersteres ist aber eindeutig ihr Favorit! Manchmal verabschiede ich mich von ihnen und sie antworten mit dem Lied - sehr niedlich :)
Und nach dem ersten Schreck musste ich auch feststellen, dass die meisten von ihnen sehr lernwillig sind: Wenn ich zB am nächsten Tag Vokabeln abfrage, ist die Beteiligung an Meldungen sehr hoch. Weitere kleine Erfolge sind, dass sie inzwischen einzeln schon so laut reden, dass die ganze Klasse sie verstehen kann (und ich auch, yei!) und dass sie sich trauen mir ab und zu eine Frage zu stellen. Dabei ist es mir ganz egal, ob sie nun eine Vokabel oder etwas zu der Aufgabe fragen oder einfach nur wissen wollen, ob sie aufs Choo gehen dürfen - für mich zählt, dass sie sich langsam an mich gewöhnen.
Und sonst ist eigentlich alles so, wie bei uns auch.
Es gibt die Fleißigen, zB den süßen Godfrey, der mir immer als erstes sein Englischheft in die Hand drückt und ganz stolz damit unter Beweis stellt, dass er schon fertig ist (die haben ein Tempo beim Abschreiben, also da soll sich nochmal ein einziger Lehrer in Deutschland beschweren!), Mohamedi, der mir immer ganz energisch verbietet, die Tafel mit meiner Hand zu wischen ('Teacher Camiila, Don't!! It's too dirty for you') und mir dann einen Schwamm reicht oder die kleine Jessica, die wirklich nur halb so groß ist wie ich, aber eins der hellsten Köpfchen in der Klasse und beim Vorlesen immer als erste die Hand in der Luft hat.
Allerdings gibt es leider auch die, die überhaupt nicht mitkommen, ihre Hand schnell über ihr Heft legen, wenn ich an den Reihen vorbeigehe, damit ich nicht sehe, dass sie jede auszufüllende Lücke freigelassen haben oder die einfach verwirrt ins Heft ihres Nachbarn starren und offensichtlich nichts damit anfangen können, egal wieviel der Nachbar und ich versuchen zu erklären.
Und tatsächlich, trotz der allgemeinen Ehrfurcht vor dem Mzungu-Teacher, habe ich einen Störenfried. Yassin, der Gute. Er kommt zu spät, ist dabei laut, weigert sich dann sein Heft rauszuholen und zu schreiben. Heute hat es mir dann mal gereicht. Die letzten Tage habe ich ihn einfach seine coole Masche abspulen lassen, aber als er heute Haji seinen Stift geklaut hat, sodass dieser nicht mehr arbeiten konnte, und er selbst nur auf ihm rumgekaut hat, bin ich dann doch mal zu ihm und habe Konsequenzen gezogen. Ich habe ihm den lässig drapierten Zahnstocher aus den Haaren gezogen, mir seine Tasche genommen, sein Heft heraus- und ihm Hajis Stift aus dem Mund genommen, beides vor ihn gelegt und ihn streng angesehen. Der hat vielleicht geguckt. Dass die anderen gelacht haben und so seine Coolness einen Knacks abbekommen hat, also damit hatte er nicht gerechnet. Die lächelnde Weiße kann auch anders. Hihi. Ab da hat er dann mitgemacht und war für den Rest der Stunde ruhig, ich muss schon sagen, ein bisschen war ich stolz.
Oh, und eine Geschichte muss ich Euch unbedingt noch erzählen. Das ist gestern passiert, am Mittwoch, der einzige Tag, wo ich zwei Stunden gebe. Die erste davon war zu Ende, es hat gegongt und wir haben uns verabschiedet, da hat mir einer der Jungs in der ersten Reihe die Hand hingehalten und wir haben uns zum Abschied die Hände geschüttelt. Anscheinend war das ein Zeichen für die anderen, denn auf einmal war ich umringt von allen 35, hatte auf einmal alle an der Hand, denn jeder von ihnen wollte persönlich 'Goodbye, See you later, teacher Camiila' sagen. Das war vielleicht herzzereißend!
Und nach der zweiten Stunde wurde es noch besser. Es fing wieder mit Händeschütteln an, aber ein paar Mädchen wurden dann mutiger, haben mir über die Haare gestreichelt und glücklich 'Zuri, Zuri' gejauchzt und schließlich, als ich in diesem Meer von Armen und lachenden Gesichtern zur Tür gekommen bin, hat sich mir Husna, ein sonst eher stilles Mädchen, in den Weg gestellt, ein letztes Mal meine Hand genommen und meinte ' Goodbye, teacher Camiila. I am very happy you be here! You are a very nice girl!'
- Ihr könnt euch vorstellen, mein Tag war perfekt :)
Weiteres zum Rest der Schule und Kollegium, meiner Arbeit im Community- und Childrencenter, etc folgen, aber jetzt muss ich schlafen.
Lala Salama
oder wie Farida, Lucia und Helena immer sagen 'Schlaf gut',
eure Camilla
p.s.
Was ich auch noch sagen wollte:
Ich habe langsam das Gefühl, endlich angekommen zu sein und in einen gewissen Alltag zu kommen.
Natürlich, es gibt immernoch Momente, in denen ich frustriert bin, weil ich nichts verstehe und auch im Lehrerzimmer bin ich momentan noch eher ruhig und wünsche mir, dass ich mehr sprechen könnte, aber ich habe immer mehr das Gefühl, hier einen Platz zu und Aufgaben zu haben und zu wissen was zu tun ist. Das ist einfach super. Wenn ich nach Hause komme, begrüße ich Brenda und Angel mit selbst ausgedachtem Handschlag, mit Farida,Lucia und Helena kann ich gut lachen und wenn ich in meinem Zimmer sitze habe ich das Gefühl, wirklich zu Hause zu sein. Schön, oder?
Lala Salama <3
AntwortenLöschenAlina
ich würd ja zu gern mal dabei sein, wenn du das strenge "fräulein knüppelkuh-gesicht machst"...mensch, wär ich da gern mal als ein käfer hinten in der ecke mit im unterricht....
AntwortenLöschenmama? :)
Löschenmeistens bin ich doch natürlich das liebe fräulein honig..!
ja, das ist mir doch klar:-))))<3
LöschenKamela, es macht Spaß, deine Einträge zu lesen! Freut mich, zu hören, dass du viel erlebst:)Mach weiter so
AntwortenLöschenDein Bericht freut mich grad so. Das wollt ich dir nur kurz sagen. Klingt alles so schön, ich lese es sehr gern. :)
AntwortenLöschen(Iphi)
Iphi und Länge, freut mich, dass ihr ein Stück bei mir seit durchs Lesen :)
AntwortenLöschenAlles alles liebe zu euch nach Deutschland! Und berichtet mir bloß, wie es so ist zu studieren, ihr seid ja bald Profis ;)