Gesagt, getan! Voller Eifer bin ich von mir zur Bus Station gelaufen, eine knappe halbe Stunde, habe auf dem Weg dorthin noch viele Habaris und Salamas ausgetauscht und einen kleinen Einkauf getätigt, nämlich Wasser für die Fahrt, Brot für die Mädchen (ich hatte ihnen versprochen welches mitzubringen) und ein paar Packungen unserer Lieblingskekse. Alles zusammen hat 3000 Tanzanian Shilling gekostet, ca 1,50€.
Als ich dann schließlich an der Busstation saß, wunderte ich mich schon, weshalb keine anderen Menschen da waren. Als ich das letzte mal zusammen mit Richard nach Iguguno gefahren war, waren sehr viele Menschen dort und haben auf ihre Busse gewartet.
Da hörte ich es auf einmal meinen Namen rufen 'Kamela,Kamela'. Ich habe mich umgesehen und zuerst niemanden gesehen, den ich kennen könnte, aber dann sehe ich, wie zielstrebig jemand auf mich zuläuft. Kelly. Na toll, denke ich mir.
Kelly kenne ich von einem Erlebnis letzter Woche, bei dem Richard mich mit dem Gepäck von damals noch 6 Freiwilligen eine halbe Stunde alleine auf der Straße hat sitzen lassen, weil er noch etwas organisieren musste. Mein Kiswahili war noch weniger vorhanden, als jetzt, und ich würde sagen, dass dieses Erlebnis einem Kulturschock noch am nächsten kommt, von all meinen Erfahrungen bisher. Krampfhaft habe ich versucht, auf all unsere Taschen aufzupassen, während ich von allen beäugt wurde, wie - naja wie eine Weiße in Singida halt!
Nach und nach haben mich auch alle angesprochen, erst fand ichs noch ganz schön, weil ich mich sogar ein bisschen verständigen konnte, aber irgendwann wollten immer mehr Leute etwas von mir, nebenbei haben auch immer wieder übereifrige Geschäftsleute versucht, die Taschen in ihren Bus zu hieven, und mich so zu zwingen mitzufahren und zu zahlen. Ich war wirklich überfordert. An all diesem Chaos war auch Kelly beteiligt. Kelly war einer der vielen Tansanis, die auf mich einredeten, aber mit Abstand der dreisteste. In einem Augenblick, wo ich gerade nicht aufgepasst hatte, schnappte sich Kelly mein Handy und kurz dachte ich 'Na toll. Jetzt ist es weg'. Aber nein. Kelly wollte nur seine Nummer einspeichern, sich dann anrufen und so meine Nummer schön sicher in seinem Handy unter 'Kamela Mzungu' haben. Nachdem er mir das Versprechen abgerungen hat, dass ich ihn natürlich AUF JEDEN FALL anrufen werde, habe ich mein Handy zurückbekommen und zum Glück kam dann auch Richard, der das alles irgendwie ganz komisch fand. Nunja, zugegeben, wenn ich es jetzt so aufschreibe und daran zurückdenke, ist es auch ein bisschen lustig.
Jedenfalls kommt Kelly auf mich zu und ich war um ehrlich zu sein nicht sonderlich begeistert ihn zu sehen, da ich ihn natürlich nicht zurückgerufen hatte und gerade genug damit zu tun hatte, ein Fahrzeug nach Iguguno zu finden.
Wie es sich jedoch herausstellte, war Kelly meine Rettung:
'Heyy Kamela, Habari yako?'
'Kelly. Nzuri. Nitaenda Iguguno'
(Ab jetzt auf Deutsch, zum einen, weil ich nicht weiß wie man die Worte richtig schreibt, zum anderen, damit Ihr es alle versteht)
'Iguguno? Na da bist du hier aber falsch. Hier fährt heut nix. Komm mit'
Mama und Papa, jetzt bitte nicht ausflippen, aber ich habe mir hier angewöhnt, den Leuten einfach zu vertrauen und im Zweifelsfall auch hinterherzulaufen. Darauf bin ich einfach angewiesen, ich hab ja einfach sonst keinen Schimmer. Und immerhin kannte ich Kelly irgendwie..
Jedenfalls hat Kelly mir meine Einkäufe abgenommen und mich an die Hand, über die Straße geführt auf einen sehr großen unübersichtlichen Parkplatz und ist zielstrebig auf eines der Daladalas zugelaufen, hat mich dort abgeliefert, dem Besitzer des Fahrzeuges gesagt, wo das kleine Mzungumädchen bitte aussteigen möchte, mir die Hand geschüttelt und gewartet, bis ich sicher im Auto saß. Meine Meinung über Kelly habe ich also seit heute geändert! Danke danke Kelly!! (Anrufen tue ich ihn glaube ich trotzdem nicht..)
Jetzt einmal kurz zu den Daladalas - Ihr wisst ja vielleicht gar nicht, was das ist! Ein Daladala, das ist ein bunter Hippiebus, vollgemalt mit Sprüchen wie 'Jesus is Love' und meistens auch mit lauter Musik. Man hat das Gefühl, dass alle im Daladala miteinander befreundet sind, so als würde man irgendeiner AG oder so beitreten, sobald man drin sitzt. Alle unterhalten sich und helfen sich gegenseitig Tüten und Taschen und Körbe (manchmal auch Hühner) zu verstauen. Und Daladalas sind immer voll. Ich mag Daladala fahren!
Heute waren wir in einem Daladala 21 Leute plus Fahrer und Platzanweiser! Das war ganz schön kuschelig. Am besten hat mir allerdings mein Ticket gefallen - das 'Bus Luxury Ticket'. Hihi. Luxus auf engstem Raum jedenfalls. Ich hatte eine total liebe Sitznachbarin, die mit mir ihre Bananen geteilt hat. Dafür hat sie was von meinem Wasser abbekommen :)
Die Fahrt hat 40 Minuten gedauert und ich fand es schön zu sehen, dass ich es geschafft habe, mich wenigstens die Hälfte der Zeit mir ihr zu unterhalten. Sie hat nicht alles von meinem Kauderwelsch verstanden und mir haben auch ein paar von ihren Vokabeln gefehlt, aber irgendwie mochten wir uns und so ging die Zeit schnell um. Die Bananenschalen hat übrigens ihr anderer Sitznachbar aus dem Fenster geworfen.
Mensch, das war alles bis hierhin schon ganz schön aufregend für mich! Dementsprechend war ich in Iguguno angekommen auch schon ziemlich erschöpft. Und heiß war es da, meine Herren! Singida macht mir mit der Hitze ja schon zu schaffen, aber bei uns weht wenigstens immer Wind. Nicht so 30km weiter. Kein einziges Lüftchen! Friederike, Bentje und mir blieb nichts anderes übrig, als uns zu ihnen nach Hause zu flüchten und dort ein wenig zu quatschen. Es war echt super, sich mit den beiden austauschen zu können, zu merken, dass sie dieselben Problemchen haben und zu lachen, wenn sie erzählt haben, dass ihnen auch schon komische Dinge und Missverständnisse passiert sind. Wir haben jetzt abgemacht, uns regelmäßig zu besuchen, weil es uns so gut getan hat!
Von Links nach Rechts: Camilla, Friederike, Bentje |
Die Mama von den beiden, Mama Mwanga, ist übrigens Schneiderin und ich habe fest vor mir bei ihr noch viele Klamotten schneidern zu lassen! Aber die Stoffauswahl ist so schwer, alle sind irgendwie hübsch.
Nunja, das war es erstmal für heute. Ein wenig stolz darauf, ganz allein gereist zu sein, bin ich tatsächlich.
Auch wenn ich so eine Strecke in Berlin vielleicht fast jeden Tag zurücklege.
Alles Liebe an zu Hause, eure Camilla.