Mittwoch, 26. Dezember 2012

Frohe Weihnachten!

Ja, ein Weihnachtsfest im Kreise der tansanischen Familie, wie ist das?
Bei Familie Ngure ist es wirklich schön.

Am 24. bin ich nachmittags wieder zu Hause angekommen, mit Abschiedsschmerz von Ferien und den verbundenen Freiheiten im Gepäck, und Frieda und ich hatten beide ein wenig Angst, dass jetzt zu Hause an Weihnachten der Kulturschock einsetzt.
Aber die Sorgen waren unbegründet. Gleich auf dem Busbahnhof haben wir zwar gemerkt, dass wir wieder auf dem Land, die Menschen ärmer als in der Großstadt und wir wieder die Hauptattraktion sind -Frieda wurde auch gleich von einem Betrunkenen begrüßt und freudig umarmt -   aber trotzdem war ich froh, wieder zu Hause zu sein, und ja, Singida hat sich tatsächlich wie zu Hause angefühlt. Verrückt, oder?

In der Familie angekommen, hat man von Weihnachten noch nicht viel gemerkt, alle sind ihren normalen Tätigkeiten nachgegangen.
Bevor Frieda nach Iguguno ist haben wir dann noch eine Minibescherung mit unseren Weihnachtspäckchen aus Deutschland gemacht - besonders beglückt hat mich eine Salami, Frieda hatte ein paar echt scharfe Tütensuppen dabei.. Was hier so zum Luxus wird:)

Gegen 11 Uhr Abends sind wir dann in die Kirche gegangen, wie immer waren wir zu spät. An Heiligabend hat der Kirchgang hier aber offensichtlich für die Jugendlichen noch eine ganz andere Bedeutung als das Gedenken an die Geburt Christi: Da die Kirche zum Bersten voll ist, bleibt die Jugend freiwillig draußen, tauscht Neuigkeiten aus, trinkt heimlich Konyagi und/oder man trifft sich mit dem Liebsten wie unser eines Hausmädchen. War wirklich sehr lustig, auch wenn ich von der Busfahrt und dem Abschiedsabend in Daressalaam so müde war, dass ich mich heimlich nach der warmen Kirche und einem Sitzplatz gesehnt habe. Aber ich habe - wie kann es hier anders sein - viele neue Bekanntschaften geschlossen und so unter anderem auch erfahren, dass letzte Woche unser singidanisches Kiboko (Nilpferd) getötet wurde, weil es die Felder der Bauern in der Nähe des Sees zerstört hat. Dabei wollte ich es mir doch unbedingt noch ansehen!
Pole, kiboko!

Nach der Kirche gings dann flink ins Bett und richtig Weihnachten begann eigentlich erst am 25. los.
Den ganzen Vormittag habe ich beim Kochen geholfen für das Festmahl am Nachmittag: Es gab Wali (Reis), Pilau, Chipsis, Kuku (Huhn), Ngombe (Rind), zwei verschiedene Soßen, Kraut- und Tomatensalat und Avocado. Dazu Soda und, was wirklich etwas besonderes ist, gekauftes Wasser und kein abgekochtes. War ziemlich köstlich! Beim Essen haben wir Musik gehört, Mama hat sogar ein bisschen getanzt und wenn sie gerufen hat 'chakula ni kitamu au baya?' haben alle ausgelassen im Chor 'kiitaaamuuu' gerufen. (~Ist das Essen lecker oder schlecht? - 
Leeeeckeer!)
Danach war es dann ein bisschen traurig. Es ist hier üblich, dass man am Nachmittag des 25. alle seine Lieben besucht, sich mit Freunden trifft, etc. Also sind alle losgestiefelt, um irgendjemanden zu besuchen, und ich bin zwar mit zu Bibi (Oma) und Mama Maria (eine Frau, die in unserem Guesthouse arbeitet), aber da ist mir eben aufgefallen, dass alle Leute, die ich jetzt gerne besuchen würde, ziemlich weit weg sind. Mein Cousin Hilary, der zur Zeit bei uns wohnt, war dann aber ziemlich rührend und hat mich mit in die Stadt genommen, weil er gemerkt hat, dass ich Heimweh hab. Er habe auch welches, schließlich sei er ja auch nicht bei seinen Eltern und ich solle mir keine Gedanken machen. Ziemlich goldig! Wir haben dann zusammen Soda getrunken und es war wirklich ein schöner Abend! Als wir wieder heimkamen, war Mama aber immernoch in Partystimmung und wollte weiterziehen zu den nächsten Freunden. Wir sind also mit und überall herrschte so eine ausgelassene Stimmung und Festtagsfreude, da musste ich einfach wieder gute Laune haben!
Habe da übrigens auch den Alkohol probiert, der für den Stamm meiner Eltern typisch ist (der Stamm heißt Chagga). War richtig eklig.
Zum Verhängnis wurde mir wie immer das Essen: Bei jedem Besuch muss man auch das Essen der jeweiligen Familie 'probieren' (=Portionen für Jungs im Wachstumsschub), sonst ist man unhöflich. Das Essen war zwar überall mindestens so gut wie bei uns, wenn nicht sogar noch besser, aber ich konnte einfach nicht mehr! Ich glaube, dass ich gestern so viel gegessen habe wie sonst in einer ganzen Weihnachtswoche. Und ich als die Weiße habe ja immer noch extra Portionen bekommen! Gegen 23Uhr waren wir schließlich wieder zu Hause und vollgefressen wie noch nie habe ich mich in mein Bett gerollt. Aber ich weiß, dass ich mir jetzt wenigstens von Hilary nie wieder anhören muss, ich würde zu wenig essen, er hat nämlich genauso gelitten wie ich.;)

Heute am 2. Weihnachtsfeiertag herrscht eigentlich Alltagsstimmung. Hab endlich meine Reisetasche ausgepackt und alles mal gewaschen, die anderen sind arbeiten oder räumen den Hof auf. Heute abend gehen wir alle zusammen aufs Shamba (Feld) und machen irgendwas mit Mais, ob es ernten oder sähen ist, dazu hat mein Kiswahili nicht gereicht.

Alles in allem sind es schöne Tage, auch wenn ich nicht unbedingt darauf kommen würde, dass es Weihnachten ist, wenn ich es nicht wüsste.

Einen besinnlichen 2. Weihnachtsfeiertag euch allen!

Eure Camilla


Auf den Fotos seht ihr unser Festessen; dann Erick, Evaristis Rücken und mich mit vollem Bauch; Justo, leider sehr verschwommen über seiner 3. Portion (man beachte wie voll der Teller ist!!!) und Hilary, der partout den Zahnstocher nicht aus dem Mund nehmen wollte..;)

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