Dienstag, 21. Mai 2013

die besondere Klasse der Ipembe Primary School

Karoli, Rachel, Dicki, Azizi, Fatuma, Zena, Alexi, Rahma, Husseini und Salma. Diese Namen und die dazugehörigen Personen sind in den letzten Monaten sehr wichtig für mich geworden!



Ich habe nämlich zusätzlich zu meinem Englischunterricht noch angefangen woanders zu 'unterrichten'. Mit diesen 11 Kindern lerne ich z.B. Dinge wie Hände waschen, den Klassenraum fegen und ordentlich essen. 


Fatuma & Zena
Außerdem lösen wir Rechenaufgaben, mit Alexi sogar schon im Zahlenraum bis 20, schreiben und malen. Das Malen ist besonders beliebt, vor allem bei Fatuma und Zena. Karoli liegt die ruhige Arbeit eher nicht so, er tanzt lieber und macht Spaziergänge auf dem Schulgelände - immer wieder aufregend ihn wieder einzufangen. Wenn wir genug gelernt haben, spielen wir Fußball oder andere Ballspiele. Außerdem trinken wir Chai oder Uji und mittags essen wir gemeinsam.       



Die Ipembe Primary School hat seit einiger Zeit eine neue Klasse eingerichtet, eine Klasse für behinderte Kinder. Die Klasse wird von Mwalimu (=Lehrer) Mwacha geleitet, er hat 

Unterstützung von einer anderen Lehrerin und, wie sie die Kinder alle nennen, 'Dada' (=Schwester), die für sie kocht. Und seit kurzem helfen Rike und ich auch dort aus, wir sind jede unserer Freistunden von Montag bis Donnerstag dort.

Die Kinder sind von 8 bis halb 12 in der Schule, am Freitag bleiben sie zu Hause und Mwalimu Mwacha besucht sie dort und schaut, ob sie im Haushalt helfen, bzw. sich einbringen können. Karoli beispielsweise hilft seiner Bibi dabei den Hof zu fegen. Er fegt überhaupt sehr gerne!

Behinderte (Kinder) werden hier oft immernoch sehr schlecht behandelt, verleugnet, weggegeben oder weggesperrt. 
Ein Freund von mir erklärte mir das so:'Die Leute verstehen nicht, dass es nicht Gott ist, sondern die Biologie, durch die so etwas passiert.' 
Ich war wirklich schockiert, was uns so erzählt wurde. 
Man sollte meinen, dass die Leute sich freuen, dass sie ihre Kinder in die Schule schicken können, damit sie gefördert werden. Doch das Gegenteil ist oft der Fall. Mwalimu Mwacha erzählte uns, dass er in seinen freien Tagen regelrecht Klinken putzen muss, um nach behinderten Kindern zu suchen, da die Leute glauben, dass diese Kinder eh nicht gefördert werden können. Wenn er Erfolg hat, ist es oft furchtbar, was er sieht. Er erzählte uns, dass er einen 18 jährigen Jungen fand, der noch nie das Sonnenlicht gesehen hat und daher so weiß wie ich war. Der Junge konnte weder reden noch laufen und das nicht, weil er es nicht hätte lernen können, sondern weil sich einfach nie jemand mit ihm beschäftigt hat. 


Karoli, Dicki und ich beim schreiben
Oder unser Karoli: Von seiner Mutter weggegeben an die Großmutter, die aber sehr viel Arbeit hat und alt ist. Die einzige Lösung, die ihr einfiel, war, Karoli an einen Stein festzubinden, so wie ihre Ziegen auch, damit er nicht abhanden kommt. Egal, ob Regen oder Sonnenschein, Karoli saß draußen.
Seit er bei Mwalimu Mwacha und den anderen Kindern ist, hat er Laufen gelernt, wie gesagt er tanzt sogar gerne, und auch das Reden klappt immer besser. 'Chai' und 'Juu' (oben) sind seine Lieblingsworte - Essen und Hochgehoben werden sind ja auch wichtige Bedürfnisse! Ansonsten spricht er leider ausgerechnet Tribal und das nicht gerade deutlich.. Aber wir verständigen uns schon!

Leider gibt es viele Kinder, vor allem in den umliegenden Dörfern, die nicht zu uns kommen können, da die Eltern keine Zeit haben mit ihrem Kind täglich so eine lange Strecke zurückzulegen. Daher spart die Schule auch gerade, um Schlafsääle bauen zu können, aber so etwas braucht Zeit.

Seit ich dort arbeite, lohnt sich mein bisher eh schon schöner Freiwilligendienst noch einmal um 100% mehr! Ich bin zwar jeden Tag schon um ein Uhr komplett erledigt, da alle einen gleichzeitig mit verschiedenen Dingen beanspruchen, aber es macht einen Heidenspaß!
Ich muss gestehen, anfangs hatte ich Sorge, dass ich Berührungsängste haben würde, aber das war völlig unbegründet und dafür wäre auch gar keine Zeit gewesen. Ich erinnere mich noch an unseren ersten Tag: Mwacha zeigte uns den Klassenraum mit den Worten:'Hier arbeiten wir. Ich muss jetzt auch mal kurz weg, ihr macht das schon!' Aber wir machen es ja tatsächlich und es bringt uns und den Kindern viel Freude.

Besonders schön ist es zu sehen, wie die Kinder nach und nach uns gegenüber auftauen, anfangen zu reden, regelrecht richtig frech werden!


Rachel


Zum Beispiel Rachel: Anfangs wusste ich gar nicht, dass sie sprechen konnte, sie saß immer in der Ecke und versteckte sich hinter ihren Händen. Jeden Morgen stand sie stundenlang vor der Tür, bis man sie irgendwann bemerkte und reinholte. Inzwischen rennt sie auf uns zu und umarmt uns, wenn sie uns sieht, klaut meine bunte Kreide und macht mir dann eine lange Nase. Und reden tut sie auch gerne. Wenn sie gerade Zweien schreiben soll, will sie lieber Ball spielen und wenn wir eigentlich gerade malen, hört man ein genuscheltes 'Naomba Chai' (Ich hätte gern Tee) von der Seite.



Ich liebe diese Arbeit und bin jetzt schon traurig, dass ich die Lieben bald nicht mehr sehen werde. Ich werde bald bestimmt noch einmal genauer über sie schreiben, aber jetzt ist mein Duschwasser heiß, juhu!

Einen schönen Abend wünsche ich euch!

Donnerstag, 16. Mai 2013

Geburtstag


Letzten Freitag hatte ich Geburtstag. Ich hatte nicht sonderlich viel erwartet, da ich es meiner Familie nicht erzählt hatte und in der Schule auch niemand Bescheid wusste.
Dementsprechend 'normal' verlief dann auch der Morgen:
Gestresst mit meinen Geschwistern eine Tasse heißen Chai runterkippen, da Mama uns sonst nicht aus dem Haus lässt, eben unter dem Papayabaum Zähne putzen und nichts wie los. Da ich leider mal wieder etwas spät dran war, entschied ich mich spontan für ein Motorradtaxi (Bodaboda). Mein Lieblingsfahrer war natürlich schon zur Stelle, er weiß ja, wie gern ich mich verspäte. Man speichert sich übrigens im Handy so drei, vier Nummern von den Bodafahrern seines Vertrauens und ruft sie dann direkt persönlich an oder schreibt ihnen eine SMS, wenn man sie braucht. So etwas albernes wie Taxigesellschaften gibts hier natürlich nicht! Also schnell im Damensitz aufgesessen, man soll ja nichts unschickliches sehen, wie zB etwa mein KNIE! Um Gottes Willen, das wäre nun wirklich zu freizügig.
In der Schule angekommen, eben in die Anwesenheitsliste eingetragen und noch rasch den letzten Rest Unterricht vorbereitet.
Als ich dann in meine 5. Klasse gekommen bin, haben die Kinder mich ordentlich überrascht: Auf ein 'Suprise' sprangen alle auf, warfen mit selbstgebasteltem Konfetti und sangen Happy Birthday erst auf Englisch, dann auf Kiswahili. Ich war wirklich gerührt! Aber damit nicht genug - die Kinder hatten mir auch noch ein Stück Kuchen und eine Plastikrose besorgt!

Klassenbeste Martha schneidet mir den Kuchen an

Ganz nach tansanischem Brauch wurde also erst ich als Geburtstagskind von meinen Gästen=Schülern mit einem Stück Kuchen gefüttert und danach habe ich den Rest des Kuchens in 22 kleine Teile geschnitten und nacheinander all meine kleinen Rabauken mit Kuchen beglückt. Statt der vorbereiteten Aufgaben haben wir dann Vier-Ecken-Raten mit Vokabeln gespielt. Klingt jetzt nicht soo besonders, aber wenn man bedenkt, dass hier im Unterricht nie gespielt wird, war es wohl für uns alle eine schöne Stunde!
Danach wartete Rike im Lehrerzimmer auch schon auf mich und zwar mit Muffins und 19 kleinen Kerzen. Alle haben noch einmal gesungen und wieder wurden Muffins kleingeschnitten, damit alle etwas abhaben konnten. Habe dann noch herausgefunden, dass Rike Karoli Urassa, unserem Schulleiter Bescheid gegeben hat und der wiederum den Kindern gesagt hat, dass sie ja singen können. Konfetti, Kuchen und Blume haben sie sich aber selbst ausgedacht. Außerdem habe ich noch ein paar selbstgemalte Herzen, Schmetterlinge & Co. von den Kleinen bekommen.

deutsch-tansanische Suppe
Nach der Schule haben Rike und ich für uns und meine Familie zu Hause noch eine Kartoffelsuppe gekocht. Von meinem deutschen Besuch hatten wir noch Wiener Würstchen aus der Dose und außerdem aus Rikes letztem Paket Pumpernickel - ein richtiges Festmahl für den tansanischen Freiwilligen! (Und Papa, dein Geburtstagskuchen war trotz der langen Paketreise immer noch vorzüglich! Danke!)

Als Mama dann noch erfahren hat, dass ich Geburtstag habe, hat sie mich erst ausgeschimpft, dass ich nichts gesagt habe, sie hätte doch eine Party organisiert! (Ich bin ganz froh, dass es im kleinen Kreis geblieben ist)
Spontan habe ich als Geschenk einen neuen Duschbecher bekommen. Er ist lila, hat einen Henkel und ich liebe ihn sehr! Sonntag gab es dann nachträglich noch einen Kuchen.

Ich hatte wirklich einen schönen Tag und habe wieder einmal gemerkt, wie schön es ist hier zu sein und dass ich schon so viele tolle Menschen kennengelernt habe!

Eure Camilla

P.S. Ich kann jetzt nicht nur auf Kiswahili begrüßen, sondern auch schon auf drei Tribalsprachen. Meine Lehrer sind sehr stolz auf mich! ;)

Mittwoch, 15. Mai 2013

Godfrey

Godfrey ist einer meiner Schüler. Er ist besonders pfiffig und ein echter kleiner Charmeur. Er hinterlässt mir z.B. immer wieder Botschaften in seinem Heft, zB wünscht er mir ein schönes Wochenende oder schreibt Extrasätze zu den Übungen über seine Lieblingsfußballspieler. Wenn ich gerade nicht hinschaue, versucht er meine Haare zu berühren und wenn wir ein Spiel spielen, steht er zufälliger Weise immer neben mir. Trotzdem ist er natürlich auch besonders frech, unterhält sich sehr gerne mit seinen Sitznachbarn, zeichnet kleine Fußballfelder in sein Heft, um darin Fingerfußball zu spielen oder schaut den Kindergartenkindern durchs Fenster dabei zu wie sie üben Buchstaben in den Sand zu malen, anstatt selbst seine Aufgaben abzuschreiben.
Neulich hat er mich beim Korrigieren der Hefte so zum Lachen gebracht, dass ich das mit euch teilen wollte:

Immer, wenn meine Schüler volle Punktzahl in einer schwierigeren Aufgabe haben, bekommen sie von mir einen Sticker. Die Sticker der damaligen Aufgabe waren Marienkäfer und da ich ein Mädchen daraufhin von 'roten Kakerlaken' reden hörte, dachte ich, dass ich das besser noch einmal ausführe und eine Erklärung hinzuschreibe.



Also steht jetzt neben jedem Marienkäfer: 'Das ist ein Marienkäfer. Die Deutschen glauben, er bringt Glück.'
Einen Tag später hatte Godfreys Marienkäfer Gesellschaft von einem Kaugummisammelsticker von Fußballspielern. Daneben hatte er mir geschrieben: 'Das ist Yaya Toure. Manchester City glaubt, er bringt Tore.'

Niedlich, oder?